Donnerstag, 17. April 2014

Das Plakatmotiv

  
Heute wurde das Plakat für die Judenbank fertig gelayoutet. Hier das Motiv. Die kindlich-naive und doch erschreckend klare und direkte Darstellung einer Situation, einer Geschichte wollen wir auch in der Inszenierung aufgreifen.  Der Programmflyer zur Produktion erscheint in den Tagen nach Ostern.

Genau vor einer Woche der letzte Eintrag ins Arbeitsjournal. Viel ist in den letzten Tagen bei den Proben passiert. Mehr dazu in den folgenden Einträgen und Notizen. Es gehört einiges abgearbeitet. Die vergangenen Tage waren so mit Proben ausgefüllt, dass ich abends kaum vor Müdigkeit die gewonnnen Erkenntnisse und Gedanken stichpunktartig festhalten konnte. Sie müssen nun ausformuliert werden.  

Freitag, 4. April 2014

Ein Leben für die Bilder

In Afghanistan stirbt einen Tag vor der Präsidentschaftswahl die bekannte deutsche Kriegsfotografin Anja Niedringhaus. Sie wurde  erschossen. Während der Recherche zu meiner Antigone 2012 begegnete ich ihrer Arbeit zum ersten Mal. Berührende, verstörende und faszinierende Bilder. Neben den Bildern ihres französischen Kollegen Remi Ochlik haben mich die von Anja Niedringhaus zu den Innenwelten der Figuren in der Antigone inspiriert. 


An diesem Wochenende Theaterbesuche. 

Heute zur Premiere des Theaters Naumburg nach Weißenfels gefahren. Auf dem Programm: Figaros Hochzeit in der Inszenierung von Jutta Schubert, Ausstattung Andreas Becker. Völliges Kontrastprogramm zur Judenbank. Morgen Rückfahrt nach München, Zwischenstopp am Theater Bamberg. Dort abends Weiße Rose.

Auf der Bahnfahrt weiter in Götz Alys Die Belasteten gelesen. 

Donnerstag, 3. April 2014

Die kindliche, aber wahre Sicht auf das menschliche Dasein

Abends.

Nachmittags im Caféfee gesessen und den gestrigen Entwurf zusammen mit Aylin für das Plakat überarbeitet. Motiv regt Diskussionen an. Bin gespannt. Die kindliche, aber wahre Sicht auf das menschliche Dasein und auf die unvorstellbaren Grausamkeiten der NS-Diktatur. 

Mittwoch, 2. April 2014

Die Gedanken kreisen III

Dienstag, 1.4.2014, später Abend 


Gestern und heute sehr ausführlich über die einzelnen Personen in der Judenbank nachgedacht und gesprochen. Neben dem Erzähler Dominikus Schmeinta tritt zwischen den Erzählpassagen und Monologen das gesamte Personal eines ganzen Dorfes auf: Ottersdorf. Irgendwo in Oberbayern. Vielleicht sogar das bei Haar gelegene Ottendichl? Oder Salmdorf, Gronsdorf? Für mich spielt das Stück irgendwo da draußen im Münchner Osten, wo die Dörfer damals vor dem Krieg noch mehr für sich waren, einsamer. Das Dorf, Schauplatz einer Familiengeschichte gegen Ende der 30er Jahre, die sich gegen Ende hin zu einer Tragödie zuspitzen wird.

Die handelnden Figuren in diesem erdigen Volksstück gewinnen in unserer Phantasie an Kontur, an Direktheit. Erste Abgründe tun sich auf. Alles scheint möglich zu sein. Neid und Missgunst, Eifersucht und Gier, Opportunismus, all diese menschlichen Niederträchtigkeiten begegnen uns neben dem Drang Widerstand zu leisten, gegen das Totalitäre, das sich in diesen Jahren manifestiert hat. Die Figuren sind Verzweifelte. In ihrer Mitte Dominikus Schmeinta. Ist er der komische alte Dorfnarr oder doch eher der Chronist seiner Zeit, einer Zeit, die einem tödlichen Wahnsinn verfallen ist? Eine zutiefst ehrliche und direkte Figur.  

Der Bühnenraum konkretisiert sich. Erste Einfälle und Überlegungen.

Gestern das Theaterstück von T. geschickt bekommen. Eine große Verantwortung.

 
Endstation Müllhalde 

Nach einem intensiven Probetag abends zu Hause die Reportage über die Müllbabies in Karachi/Pakistan von Gabor Halász im WDR gesehen. Die Bilder lassen mich sprachlos und fassungslos zurück. Das lässt einen nicht kalt: Babies, zumeist Mädchen, werden auf den Müllhalden Karachis in Pakistan den Tieren schier zum Fraß vorgeworfen. Für wertlos werden sie von vielen Menschen in Pakistan gehalten. Endstation Müllhalde für unehelich geborene Babies, Babies die bei einer Vergewaltigung gezeugt wurden oder deren Familie zu arm sind, um sie versorgen zu können. Schockierende Bilder, die einen wieder mehr die Augen öffneten.

Samstag, 29. März 2014

Die Gedanken kreisen II

Freitag 28.3.14, abends im Zug nach Bad Aibling

Nachmittags kurze Leseprobe der ersten Schmeinta-Szenen und Monologe. Guter Gedankenaustausch. Gemeinsam in Psychiatrie im Nationalsozialismus - Die Bayerischen Heil- und Pflegeanstalten zwischen 1933 und 1945 von Michael von Cranach und Hans-Ludwig Siemen reingelesen. Als erstes natürlich auf Dr. Hermann Pfannmüller gestoßen, berüchtigter und für seine Rohheit bekannter leitender Direktor der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar. Während der Produktion werden wir ihm zwangsläufig noch öfters begegnen. 


Donnerstag, 27. März 2014

Die Gedanken kreisen



Später Abend.

Probenbeginn "Judenbank".

Lesend haben wir uns am heutigen Nachmittag vorgetastet. Zum ersten Mal gemeinsam die "Judenbank" vom ersten Heiß heute bis zum ihr wär grad nur etwas ins Auge gekommen gelesen. Innegehalten. Rangetastet. Erste vage Gedanken, Vermutungen, Erkenntnisse ausgetauscht. Neues entdeckt, Kleinigkeiten, die beim mehrmaligen, alleinigen stummen lesen doch unentdeckt blieben. 

Die Gedanken kreisen.

Abends weiter in Bitter von Ludwig Laher gelesen. 


Mittwoch, 26. März 2014

Die Judenbank

Ein Volksstück für einen Schauspieler von Reinhold Massag

Die Handlung spielt teilweise in einer Heil- und Pflegeanstalt 1941 und in einem Dorf im Voralpengebiet 1937. 

Dominikus Schmeinta ist in einem kleinen süddeutschen Dorf namens Ottersdorf geboren und aufgewachsen. Jahre später, als er eines Tages die Heugabel nicht mehr heben konnte, wurde er bei der Reichsbahn als Fahrdienstbeobachter eingestellt. Tag ein, Tag aus, Jahr ein, Jahr aus sitzt er auf einer Bank und zählt die Wagons der vorbeifahrenden Züge. Eines Tages findet Minikus ein festgeschraubtes Schild auf seiner Bank: "Nur für Juden!" Was nun? Er ist kein Jude. Bisher war diese Bank ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit, seines Lebens. Eine Arbeitsbank war sie und jetzt ist sie ein unnützer Gegenstand, weil keiner darauf sitzen darf, nur die Juden. In Ottersdorf gibt es aber gar keine Juden. Die Rettung der Judenbank erhebt sich zu Dominikus Lebensaufgabe. Er bewegt alles Erdenkliche für seine Bank. Wenn es sein sollte, wird er dafür zu einem Juden. 

Hinter der Fassade von Reinhold Massags irrwitzig-traurigem Volksstück steckt mehr als nur Dominikus' Kampf um seine Bank. Eine nahezu unbedeutende Sache, das Anbringen eines Schildes auf einer Bank, wird von dem Autor zum Anlass genommen, das Leben von Dorfbewohnern und gespalteten Familien in Hitlers Deutschland zu schildern. Trotz des ernsthaften und auf keinem Fall lächerlichen historischen Hintergrunds bringt Dominikus das Publikum immer wieder zum Lachen. 

"Den leisesten und überzeugendsten Text zum Thema [Nationalsozialismus] hat Reinhold Massag geschrieben: [...] ein anrührendes, fein gearbeitetes Einpersonenstück." (Süddeutsche Zeitung, 6. Juli 1995 über die Preisverleihung bei den 13. Bayerischen Theatertagen in Hof)